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Online-ZeitungAusgabe 24/2012 |
26.10.2012 |
„Du bist eine Elfe“ stieß er hervor, sein Glück kaum fassend. Elfen waren im Land Archon wohl bekannt, auch wenn nur wenige Menschen je eine von ihnen zu Gesicht bekommen hatten. Sie lebten in einem Land fern von Archon, und hielten sich zumeist aus den Angelegenheiten der Menschen heraus. Daher konnte Arthibor sein Glück kaum fassen, insbesondere da sie – es musste sie gewesen sein, wer sonst sollte den noch in dieser Wildnis leben – ihn vor dem Bären gerettet hatte.
Doch nun öffnete sie ihren Mund und ihre Stimme erklang, welche sich anhörte wie der Gesang hunderter Vögel, und bei der sich Arthibor an die Gärten seiner Kindheit zurückerinnert fühlte.
„Ja, eine Elfe, und zwar Sinadra, Tochter von Lineandra vom Stamm der Waldelben.“ Ihr Nahmen hallte in seinem Kopf wieder, kaum fähig, an etwas anderes als ihren Namen zu denken, fielen ihm die Regeln der Höflichkeit, welche ihm gelehrt worden waren, wieder ein, und brachte stotternd hervor:
„I- Ich b- bin Arthibor, Sohn von Arinor, dem Herrscher Archons“ Nachdem er seinen eigenen Namen genannt hatte, konnte er sich wieder konzentrieren und seine Gedanken auf andere Dinge richten, auch wenn es ihm weiterhin kalt den Rücken hinablief, wenn er an ihren Namen dachte.
„Das dachte ich mir schon fast“ kam von ihr die Antwort „Kein anderer als der Thronfolger Archons kommt außer mir hier in diese Gegenden, wer sollte es also sonst sein?“
Als Arthibor ihr hierauf nichts antwortete, wandte sie sich wieder ab, und ging zum Feuer, um sich um das Fleisch zu kümmern. Arthibor selbst war vollauf mit seinen Gedanken beschäftigt. Wieder einmal musste er an seine Heimat denken – die Worte der Elfe hatten sehnsüchtige Gefühle nach ihr in ihm geweckt – und spürte den Drang, zu ihr zurückzukehren. Doch er spürte tief in seinem inneren, das die Zeit für seine Rückkehr noch nicht gekommen war, und das er hier in der Wildnis noch etwas Wichtiges zu erleben hatte. Und da war diese Elfe, welche ihm ebenfalls nicht aus dem Sinn wollte. Warum war sie hier in dieser verlassenen Gegend? Und warum hatte sie ihn vor dem Bären gerettet? Das ergab zusammen mit dem Wissen über die Elfen, welches er in seiner Heimat gelernt hatte, keinen Sinn. Insbesondere da die Heimat der Elfen weit entfernt von der Wildnis, in welcher sie jetzt waren, befand.
Schließlich stand er auf und setzte sich neben der Elfe an das Feuer.
„Ich muss mich bei dir bedanken“ brachte er hervor, innerlich erneut von sonderbaren Gefühlen zu der Elfe ergriffen. Als diese jedoch nicht antwortete blickte er hinaus auf den Bärenkadaver. Zögernd begann er: „Das Tier dort draußen. Ich meine, er sieht an sich aus wie ein ganz normaler Bär, aber sein Fell-“
Hier wurde er von Sinadra unterbrochen
„Das war kein Bär. Das ist ein Bomarg, eines der wenigen Tiere, welches es nur hier im Urwald gibt.“
Schaudernd dachte Arthibor zurück an den Moment, wo er in die Augen des Bomarg geschaut hatte. Es hatte sich so angefühlt, als ob sein eigener Wille einfach hinweggefegt worden wäre, und ersetzt wurde von dem Wunsch zu dem Bomarg zu gelangen. Und später, als Sinadra ihn angegriffen hatte, hatte er den Wunsch gehabt, dem Bomarg zu helfen. Als er dies Sinadra beschrieb, nickt sie.
„Das gehört zu der Jagdtechnik des Bomargs, und gerade das macht ihn auch so gefährlich. Schaut man ihm in die Augen, ist man seinem Willen unterworfen, auch wenn man dadurch direkt in seinen eigenen Tod rennt. Zudem hat er keinen Geruch, was seine Beute in seiner Nähe unvorsichtig werden lässt. Vor dem Bau keines anderen Tieres hätten sich die Hirsche zum Schlafen hingelegt, da sie die Gefahr sonst gewittert hätten. Bisher hat keiner, der in den Bann eines Bomargs geraten ist die Begegnung mit ihm überlebt, du kannst dich also glücklich schätzen.“
Arthibor schluckte, um den Kloß in seinem Hals loszubekommen. Mit belegter Stimme sagte er:
„Dann habe ich umso mehr Gründe, mich bei dir zu bedanken. Und insbesondere, da ihr Elfen ja dafür bekannt seid, euch aus den Angelegenheiten der Menschen herauszuhalten.“
Der Blick, mit dem Sinadra ihn nun bedachte, hätte einen Baum spalten könne. Wie ein Hammer fuhr jedes der Worte, welche die Elfe nun sagte, auf ihn nieder.
„Dass ihr nichts von unseren Tätigkeiten wisst, heißt noch lange nicht, dass wir einen Menschen dem Tode überlassen! Auch wir sind denkende und fühlende Wesen, die nicht einfach so jemanden dem Tod überlassen! Behalte das in deinem Kopf, Arthibor, Sohn von Arinor!“
Erneut musste Arthibor schlucken. Er wusste, dass er gehörigen Mist gebaut hatte, und wenn er es sich nicht mit Sinadra verscherzen wollte, musste er sich bei ihr entschuldigen. Daher stammelte er einige Sätze zusammen, woraufhin sie sich mit einem schnauben abwandte und sich weiter um den Braten kümmerte.
Arthibor hingegen ging zu seinem Rucksack und nahm einen Schluck aus seinem Wasserschlauch. Wieder einmal glitten seine Gedanken zu der fernen Heimat, und er fragte sich, wie es den Menschen dort ging. Als er sie verlassen hatte, hatten sie gerade eine schlechte Ernte eingefahren, und es war abzusehen gewesen, dass die Vorräte im Winter knapp werden würden. Mit solchen Problemen hatten die Einwohner Archons oft zu kämpfen, doch das machte die Sache nicht einfacher für sie.
Während Arthibor in solche Gedanken versunken war, garte das Fleisch auf dem Spieß. Als es endlich fertig war, hörte es auf zu regnen und sie setzten sich vor die Höhle, um zu essen. Währenddessen fragte Arthibor, warum den Sinadra in diesem unbevölkertem Gebiet der Erde unterwegs war. Daraufhin schaute Sinadra in die Ferne, und erst als Arthibor zu der Einsicht kam, das sie ihm wohl nichtmehr antworten würde, öffnete Sie den Mund.
„Wir Waldelfen sind die Hüter des Waldes. Wir sind über sämtliche Wälder der Erde verteilt, und mir wurde dieser Wald zugeteilt. Als sich unsere Wege kreuzten, war ich gerade auf dem Weg in mir unbekanntes Waldgebiet, und so kam ich in diese Gegend hier.“
Auch Arthibor beschrieb seinen Weg, auch wenn er selbst kein eigenes Ziel hatte. So kamen sie in ein Gespräch, in dessen Verlauf Arthibor vieles über Sinadra, aber auch über die Elfen lernte. Es tat ihm gut, sich endlich wieder mit jemandem unterhalten zu können, was ihm zu dem Entschluss brachte, dass er der Elfe auf ihrem weiterem Weg, zu mindestens in den nächsten Tagen, folgen würde. Zunächst sträubte sich Sinadra noch gegen den Wunsch Arthibors, doch nach einigem Drängen gab sie nach und willigte ein.
Und so machten sich Arthibor und Sinadra am nächsten Morgen in Richtung Westen auf den Weg, tiefer in den Wald hinein.
Fortsetzung folgt…
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